Boom bei den Stachelkursen

Schaffhauser Nachrichten vom 7.Mai 2022

Immer mehr junge Schaffhauserinnen und Schaffhauser wollen lernen, wie man mit einem Weidling richtig manövriert. Nach der hohen Nachfrage im letzten Jahr hat sich die Teilnehmerzahl dieses Jahr verdoppelt. Was steckt hinter diesem Ansturm?

Lina Schepler
SCHAFFHAUSEN. Drei Dutzend Leute in Regenjacken und festem Schuhwerk stehen am Mittwochabend am Rheinufer oberhalb des Restaurants Rhyhalde. Sie alle haben sich für die diesjährigen Stachelkurse angemeldet. Es ist der erste Kursabend, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind des­halb etwas aufgeregt. Nach und nach weist der Instruktor die Weidlinge zu. In Dreier­gruppen steigen sie in die Weidlinge und fahren raus auf den Rhein. Dann geht es ans Rudern, Stacheln und Unterstechen. Beim Stacheln fährt man gegen die Strömung. Das Unterstechen ist die Aufgabe des Steuer­manns, der das Heck zum Ufer hinschiebt. Die Strömung verstärkt dann die Steuerbe­wegung durch Druck auf den Bug.
Janaina Fischer ist eine der Teilnehme­rinnen des Stachelkurses. Sie sei durch Berichte von Absolventen auf den Stachel­kurs aufmerksam geworden, erzählt sie. «Es ist eine der gängigsten Arten, um zum Stacheln zu kommen. Nicht jeder hat das Privileg, einen eigenen Weidling zu besit­zen. Durch den Kurs können alle das Sta­cheln lernen», so Fischer.

Auch viele Jüngere sind dabei
Organisiert und durchgeführt wird der Stachelkurs vom Verein Aktion Rhy. Ab dieser Woche können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeweils mittwoch­ oder donnerstagabends, vom 4.Mai bis zum 7.Juli das Stacheln, Rudern, Schwellen und Unterstechen erlernen. Im Vergleich zu den letzten Jahren sind dieses Jahr doppelt so viele Teilnehmer dabei. Von 21 stieg die Zahl dieses Jahr auf 39 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die das Manövrieren auf dem Rhein erlernen wollen. Nicht nur bei der Anzahl kam es zu einer Veränderung, sondern auch bei der Altersgruppe. «Dieses Jahr sind viele Jüngere dabei, vor allem im Alter zwischen 20 und 22 Jahren», erklärt Hanna Engelhart, die Co­Präsidentin der «Aktion Rhy». Frauen wie auch Männer seien gleichermassen vertreten. Das Ziel des Stachelkurses sei das richtige Steuern eines Weidlings.

Geselligkeit im Fokus
Am Mittwochabend erklärt Dani Böhrin­ger, einer der Organisatoren, dass der Sta­chelkurs seit Mitte März ausgebucht sei. Laut Böhringer hat die hohe Nachfrage einen bestimmten Grund: «Ich glaube, die Leute sehnen sich nach der Geselligkeit. In einer kleinen Gruppe in einem Weidling auf dem Rhein erfährt man das Miteinander noch mal ganz anders.» Engelhart ergänzt: «Viele Teilnehmer haben uns erzählt, dass sie bereits bei Freunden auf den Weidling eingeladen wurden. Sie wollen aber nicht nur Gast sein, sondern das Stacheln und Steuern des Weidlings selbst übernehmen.» Weitere Gründe für die hohe Nachfrage seien das Bedürfnis, sich in der Natur auf­zuhalten sowie die tiefe Verankerung der Tradition des Stachelns in Schaffhausen.

Halbtax-Abo für Weidlinge
Während die Stachelkurse komplett aus­ gebucht sind, wurde das Angebot der Weid­ling­Sharing­Plattform der «Aktion Rhy» eher spärlich genutzt. Die geringe Nach­frage war Anlass dafür, den Grundpreis zu reduzieren und weitere Angebote wie beispielsweise Halbtax­Abos anzubieten. Ausserdem wird am letzten Kursabend den Absolventen ein Gutschein ausgestellt, ein QR­Code, mit dem sie einmalig gratis einen Weidling nutzen können. «Damit versprechen wir uns einiges», sagt Böhringer. «Vielleicht ist die Hemmschwelle dann kleiner, sich einen Weidling auszuleihen, denn viele Teilnehmer haben selbst keinen eigenen». Bis es so weit ist, stehen aber noch neun Kursabende vor den Teilnehme­rinnen und Teilnehmern. Am letzten Abend müssen sie einen Parcours meis­tern. Dann erhalten sie einen schriftlichen Nachweis, mit dem sie sich einen Weidling über die Internetseite ausleihen können.